Samstag, 19. Januar 2008

Floreana

Es gab mal wieder einen Tagesausflug, diesmal nach auf eine der beiden südlichen Inseln. Na ja, eigentlich waren wir nur sehr kurz an Land und haben historische Luft geschnuppert (die Insel spielt eine ziemlich große Rolle in der Besiedlungsgeschichte der Galapagos), die meiste Zeit haben wir uns auf den besten Schnorchelplätzen des Archipels getummelt, mit Seelöwenweibchen gespielt (oder eher die mit uns – bis der wütende Seelöwenbulle sie wieder von uns fortgetrieben hat), Haien beim Schlafen zugeguckt und riesige Teppiche aus schillernden Fischen bestaunt. Und Seesterne so groß wie Pizzateller!

Dann noch eine Delphinschule (die sind in diesem Teil der Archiples keineswegs selbstverständlich) und ein Kindergarten aus spielenden Seelöwenbabies... und 2 Tage Landsickness hinterher.

Fotos dazu gibt’s im Picasa-Album.

Es regnet!

Der Regen hat angefangen, also der richtige Regen. Nicht mehr nur das kaum sichtbare Nieseln – es pladdert! Manchmal. Es ist ja immer noch ein La Niña-Jahr.

Es regnet aber noch mehr – Abschiede (Sabine (Projektleiterin) ist samt Familie zurück in Schottland, unsere englische Kurzzeitunterstützung Caroline ist auch wieder zu Hause, noch mehr Freunde haben die Inseln verlassen), Wiedersehen (viele Leute sind vom Heimurlaub zurück), sehr viele neue Forschergruppen, Verantwortung, Millionen von Heuschrecken (biblisch, sag ich euch – leider leider hab ich keine Fotos), sich paarende Viecher überall. Und Kekse! Irm hat ihre Weihnachtspäckchen bekommen und wir schlemmen kiloweise Selbstgebackenes.

Das Größte aber ist – nach nunmehr 3 Monaten haben wir endlich geschafft, einen Vogel in der Trockenzone zu fangen! Und am Tag darauf gleich noch einen. Sie haben beide die sehr aufwändige und hitzesensible Prozedur des Fangens, des Zwischenlagerns im Feld für einige Stunden, des Tranports auf der Schotterpiste und des Umsetzens in Eingewöhnungskäfige sehr gut überstanden und wir sind so was von stolz auf uns!
Endlich haben wir auch unsere Projektverlängerung bis März genehmigt bekommen. Es gibt noch seeeehr viel zu tun...

Dienstag, 1. Januar 2008

Burning Hearts

Das war mal ein fulminanter Jahreswechsel! Hier ists Brauch, dass man am Jahresende eine Pappmache-Figur verbrennt, die für das Schlechte des alten Jahres steht. Also standen am 31. vor vielen Häusern lebensgroße Puppen von Menschen, Flugzeuge, Hubschrauber oder Touristenboote, meist mit einer geschriebenen Erläuterung dabei.

Die ganze Stadt war auf den Beinen um dem Bösen zu begegnen, was dann um 12 kollektiv in Flammen stehen sollte. Und zwar wirklich die ganze Stadt! Alles was laufen konnte lief durch die Straßen, und was nicht laufen konnte, wurde getragen. Schlafende Kinder in Puppenkleidern auf den Schultern ihrer Mütter hängend oder in mit Decken verhangenen Kinderwagen liegend, uralte Ehepaare Hand in Hand oder aufeinander gestützt, Hunde, Katzen, ein paar Touristen. Und alle herausgeputzt und fein angezogen. Die Halbstarken des Ortes sind in Kleidung und Frisuren wie in dieser RomeoUndJulia-Verfilmung von Baz Luhrmann in kleinen Banden durch die Gegend stolziert, immer offenen Auges für die Mädels gleichen Alters. Die allerdings waren meistens mit ihren Müttern und kleineren Geschwistern unterwegs. Alle Straßen voller Menschen (aber nicht dieses überfüllte Silvester-Gedrängel, was man aus D so kennt), lecker Buden mit Spanschweinen und gegrilltem Mais, Zigaretten und Lollis. Viele Läden waren geöffnet, und die Besitzer saßen vor den Türen neben ihren Papp- oder Holzpuppen. Ich habe viel gelernt gestern Abend – z.B. dass die Bevölkerung der Meinung ist, das Abschießen der Ziegen sei Tierquälerei („nirgendwo auf der Welt herrscht solch eine Grausamkeit gegen Tiere wie hier auf Galapagos“). Deshalb sollte ein Jagdhubschrauber verbrannt werden. Was wirklich dahinter steckt, ist wohl die Tatsache dass Jagd mittlerweile einfach in die Kultur eingegangen ist – die Männer fahren am Wochenende zusammen mit ihrer Hundemeute im Pickup raus in den Busch und schießen sich ihr Abendessen. Was sie natürlich nicht mehr tun können, wenn die Ziegen erst einmal ausgerottet sind.
Ein anderer Hass bezieht sich auf die Fluggesellschaften, die laut Gesetz verpflichtet sind, die Ecuadorianer zu einem vergünstigten Tarif zu befördern. Aber natürlich werden die Plätze dann lieber mit voll zahlenden Touristen besetzt und die Wartezeiten für Einheimische sind mittlerweile sehr lang.
Vor dem Krankenhaus wurden Patienten-Puppen verbrannt. Wer hier keine Versicherung oder genug Geld hat, wird einfach nicht behandelt. Auch wenn das den Tod bedeutet.


Ausgerechnet eine Reiseagentur hat ein Touristenboot mitsamt Touris in Schnorchelausrüstung verbrannt. Irgendwann stand ein brennendes Papp-Forschungsboot auf der Straße (da konnte uns aber keiner sagen, was das zu bedeuten hatte). Und ein Darwin (wir vermuten: Von der Kirche da hingestellt, wegen Evolutionstheorie und damit ChristlicheWeltAufDenKopfStellen).
Das Ganze lief aber absolut friedlich ab, der Hass war ja vorher in das Bauen der Figuren geleitet worden, und die Wut verrauchte zumindest für diesen Abend in den Flammen auf der Straße. Kinder haben mit den brennenden Puppen gespielt und ich habe nur 3 kleine Böller gehört. Ein Feuerwerk gabs natürlich auch, direkt über uns, es regnete Aschekrümel und explosive Brösel auf alle herab – die Briten unter uns waren einmal mehr schockiert über das Fehlen nationaler HealthAndSafety-Standards.
Die eigentliche Party ging dann um 12 los, mit Live-Salsa-Bands und viel Alkohol. Wir haben dann schnell gemacht, dass wir nach Hause kamen. Am Neujahrstag kann man übrigens mit keinem Taxi oder sonst irgendeiner Dienstleistung rechnen. Die betrinken sich so dermaßen das eine Mal im Jahr (selbst unser Taxifahrer, der sonst nie einen Tropfen anrührt, hatte das vorher angekündigt), dass man am nächsten Tag bis Nachmittags nur Schnapsleichen auf der Straße liegen sieht.
Ich hab mich sehr gefreut über den menschenleeren Strand am Vormittag :)