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Dienstag, 28. Februar 2012

Die Nachricht, auf die wir die ganze Zeit gewartet haben:

Nach 60 gescheiterten Nestern (gescheitert bedeutet, dass keine Küken lebend das Nest verlassen haben) sind endlich die ersten beiden Küken flügge geworden! Das erfolgreiche Nest heißt WFSCS10, was bedeutet, dass es ein Warbler Finch Nest in der Scalesia Zone ist, gefunden von Sophia, und zwar als zehntes. Ha. Ich nenn die Küken einfach Karl und Klara. Und hoffe sehr, dass sie die nächsten Tage und Wochen auch noch überstehen! Sie sind zwar jetzt den blutsaugenden Larven im Nest entkommen, sind aber wahrscheinlich unterentwickelt, viel leichter als sie sein sollten, und ziemlich geschwächt durch die allnächtlichen unfreiwilligen Blutspenden.

Und damit ihr noch mal ne Vorstellung habt von der schieren Masse der Philornis-Larven, hier ein Bild von einem Küken, das kurz vor dem Ausfliegen war, dann aber verständlicherweise aufgegeben hat. Ich frage mich eher, wie es überhaupt so groß werden konnte in 2 Wochen, bei den ganzen Mit-Essern.


Fotos von den flüggen Küken folgen hoffentlich bald!

Samstag, 4. Februar 2012

Finken vs. Fliegen III

Was haben wir nun mit all dem zu tun? Vorwiegend erfassen wir den diesjährigen Bruterfolg von Small Tree Finches und Warbler Finches in der Scalesia-Zone, um einschätzen zu können, inwieweit die Populations-Einbrüche von 2010 auch der sehr feuchten Witterung in dem Jahr geschuldet sein könnten (Philornis mags feucht und vermehrt sich dann sehr stark).

Wir schauen also, wie viele Nester in diesem (hoffentlich durchschnittlich feuchten) Jahr durchkommen. Und bei denen, die nicht erfolgreich sind, versuchen wir herauszufinden, was die Ursache dafür ist. Dafür sammeln wir die leeren Nester ein, suchen nach Fliegenlarven, untersuchen eventuell vorhandene tote Küken und gucken sonst nach Indizien für z.B. Prädation durch Ratten.

Außerdem sammeln wir alle Larven und Puppen der Philornis aus den Nestern. Diese halten wir einige Zeit, um zu sehen, ob Superparasiten schlüpfen. Wenn sich aus den Puppen normale Philornis-Fliegen entwickeln, geben wir diese weiter an die anderen Arbeitsgruppen, die sich z.B. mit der Pheromonsuche beschäftigen oder versuchen, eine Fliegenzucht aufzubauen, um später in der Lage zu sein, massenhaft sterile Fliegen produzieren zu können. Die Zucht ist bisher noch nicht gelungen, weil keiner weiß, wovon sich die Larven in ihrem ersten Stadium genau ernähren. Sowieso sind einige wichtige Aspekte aus der Biologie und Ökologie dieser Fliege noch komplett unbekannt. Um den Feind effektiv bekämpfen zu können, muss man ihn aber erst mal kennenlernen – mit all seinen Superkräften und Schwachstellen.

Und wir arbeiten daran, alle zusammen.

Finken vs. Fliegen II

Nun sind vor allem kleine insektenfressende Vogelarten hier mittlerweile zum Teil sehr stark bedroht. Was also tun, um sie zu schützen?

In diesen Tagen ist Philornis downsi in aller Munde (zum Glück nicht buchstäblich!). Gerade ist ein mehrtägiger Workshop hier in Puerto Ayora zuende gegangen, auf dem sich Experten aus Ornithologie, Entomologie und Conservation endlich mal zusammengesetzt haben um alle bisher bekannten Infos zusammenzutragen und Rettungspläne zu entwerfen.

Es gibt verschiedene Ansätze, die Philornis unter Kontrolle zu bringen: Zur Soforthilfe sollen Insektizide in die Nester der am schlimmsten betroffenen Arten eingebracht werden, damit die überhaupt ein paar Bruten hochbekommen. Langfristig werden jetzt verschiedene Programme gestartet: zum einen sollen Pheromone identifiziert und dann produziert werden, die im Feld zur Verwirrung der Männchen eingesetzt werden können und so Paarungen und Weitervermehrung verhindern. Eine weitere Chance könnte das massenhafte Ausssetzen sterilisierter Männchen sein – dafür war ein Vertreter der IAEA (!) beim Workshop dabei, der mit dieser Methode z.B. schon die TseTse-Fliege auf Sansibar ausrotten konnte. Warum IAEA? Stichwort "friedliche Nutzung der Atomenergie": die Insekten werden am effektivsten noch durch radioaktive Bestrahlung sterilisiert.

Eine Möglichkeit der biologischen Kontrolle könnte ein "Superparasit" sein: Eine Schlupfwespe, die ihrerseits die Larven der Philornis parasitiert und damit tötet. Es wurden schon zwei Arten solcher Schlupfwespen hier auf den Inseln gefunden, die sich aber, weil sie zu unspezifisch in ihrer Wirtswahl sind, nicht für eine großfläche Bekämpfung eignen. Tests mit einer anderen Schlupfwespenart, die auf dem Festland nur in Larven von Philornis-Arten ihre Eier ablegt, laufen jetzt an.

Irre jedenfalls, wie viel in so wenigen Tagen angestoßen werden konnte, einfach weil man mal die richtigen Leute zusammen an einen Tisch gesetzt hat. Für so Mammutprojekte wie die Sterile Insect Technology fehlt zwar noch das Geld (die Rechnung des IAEA-Menschen kommt auf 50 Mio US$ für die komplette Ausrottung auf allen Inseln des Archipels...), alle anderen Ansätze haben aber zumindest für die Startphase schon ihre Fundings zusammen.



Finken vs. Fliegen I

Die parasitische Fliege Philornis downsi wurde schon 1997 hier entdeckt (eingeschleppt wurde sie wahrscheinlich schon 30 Jahre früher, stammt aus Trinidad) und ist mittlerweile zu einem massiven Problem geworden.


Die Weibchen legen ihre Eier in die Vogelnester, sobald die Küken geschlüpft sind, und wenige Stunden später entwickeln sich die Larven. Diese kriechen dann nachts aus dem Nestboden heraus um sich in die Küken zu bohren und deren Blut zu saugen.Manche Küken überleben das, aber bei starkem und / oder frühem Befall können sie schon nach wenigen Tagen sterben.




Betroffen sind alle bisher untersuchten Vogelarten hier auf den meisten Inseln (ich meine, 2 der bisher untersuchten Inseln sind noch Philornis-frei) – wobei die größeren Arten die nächtlichen Attacken eher überleben als die kleinen, bei denen ein Tropfen Blutverlust schon fatal sein kann.
Ein Besipiel für die Dimensionen dieser Gefahr: 2010 waren nur 2 von 31 gefundenen Small Tree Finch Nestern erfolgreich (das heißt: mindestens 1 Junges ist ausgeflogen). Von den 29 Totalausfällen sind mindestens 40% auf Philornis-Befall zurückführbar.