Ich erzähl immer von Bruterfolgs-Studien, aber ihr fragt euch bestimmt (!), was genau wir eigentlich den ganzen Tag machen. Typischerweise verbringen wir die ersten 6-8 Stunden des Tages direkt oben im Scalesia-Wald. Erst mal suchen wir Nester von Warbler Finches und Small Tree Finches. Die findet man entweder durch Hingucken (es sind typischerweis
e grüne Bälle aus Moos in den äußeren Zweigen der Scalesia-Bäume; gerade Warbler Finches bauen aber gern Nester die fürs menschliche Auge unsichtbar in schon vorhandenen Moosauflagen der Äste verschwinden) oder durch Hinhören (wenn das Männchen ein Nest hat, singt es oft in der Nähe, um Weibchen anzulocken. Wenn es schon ein Weibchen hat, hört man oft die typischen Kontaktrufe und muss dann nur noch warten, bis das Pärchen einem sein Nest "zeigt"). Das klingt jetzt eindeutiger und einfacher als es sich meist in der Praxis darstellt. Ein Nest finden kann gut bedeuten, sich erst mal 2 Stunden durch die Mora zu schlagen mit der Machete – und dann haben wir oft Nester, die von Warbler Finch Pärchen gebaut werden, dann von einzelnen Small Tree Finch Männchen mit Gewalt übernommen werden, ein paar Tage später einfach verlassen sind – und plötzlich brüten Small Ground Finches darin. Verrückt.
Aktive Nester unserer beiden Fokus-Arten jedenfalls werden markiert und alle paar Tage besucht, um durch Beobachtung herauszufinden, in welchem Status sie sich befinden – also ob es schon ein Weibchen gibt, ob noch gebaut wird (das Weibchen macht den Innenausbau), oder ob schon Eier gelegt werden. Sobald gebrütet wird, machen wir mi
ndestens alle 3 Tage Nestkontrollen mit einer endoskopischen Kamera (praktisch, weil die Nester eben oben geschlossene Kugeln sind, mit einem kleinen Eingang an der Seite, durch den man mit dieser Kamera reingucken kann), um zu sehen, wie viele Eier drin sind und ob schon Junge geschlüpft sind. Sobald ein Nest z.B. von Ratten geräubert wurde oder die Jungen gestorben sind, schneiden wir es herunter und nehmen es mit. Wenn die Jungen länger überleben, kommen wir gegen Ende der Nestlingszeit jeden Tag, um zu sehen, ob sie die letzten Tage schaffen und ausfliegen. Sobald sie das Nest verlassen haben, schneiden wir es ebenfalls runter und nehmen es mit.
Nachmittags dann gucken wir die mitgenommen Nester nach Fliegenlarven durch – die sitzen nämlich in den inneren Polsterschichten. Wir sammeln die Larven und Puppen raus, zählen sie und bewahren die älteren, die sich schon ohne weitere Nahrung verpuppen können, auf, um die erwachsenen Fliegen dann weiterzugeben an andere Forschergruppen. Wir schauen auch nach den Superparasiten (bisher noch keine gefunden), und natürlich gucken wir uns die toten Küken an und suchen nach Anzeichen für Fliegenbefall – denn es kann ja auch sein, dass sie nicht wegen Philornis gestorben sind.
Das sind die Hauptaspekte der Arbeit, aber es gibt noch einige kleine Nebenprojekte... und immer alle Hände voll zu tun.