Montag, 29. September 2008

Ernährungsberater gesucht

Hilfe! Ich bin erst 1,5 Wochen hier, und schon geht das wieder los: Was ess’ ich bloß? Jeden Tag essen gehen ist momentan nicht drin, daher kochen wir viel selbst. Aber uns gehen die Ideen aus. Also, ein Aufruf an euch: Bitte her mit euren Anregungen und Rezeptvorschlägen! Gern auch für herzhafte Brotaufstriche (ich kann kein Nutella mehr sehen). Guacamole, so’nen Apfel-Zwiebel-Schmalz und Hummus haben wir schon, aber was geht noch?
Frischer Fisch ist zu umständlich zu bekommen, daher müssen wir uns auf folgende Grundnahrungsmittel beschränken: Reis, Spaghetti, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, mehlige Kartoffeln, Mais, Tomaten, Gurken, Möhren, Knoblauch, Zwiebeln, Avocados, Äpfel, Papaya, Melone, Mangos, Limetten, Koriander, Eier, H-Milch, Cornflakes, Mehl, Zucker, Weißbrot, Nutella, Marmelade, Pflanzenfett, Ketchup, Mayo, Tomatenmark, Salz, Pfeffer, Chilisauce.
Und das hier ist NICHT verfügbar: Butter, Sahne, Käse, Sojakram, Spinat, Kokosmilch, Olivenöl, ausgefallene Gewürze, Ofen.

Ideen? Immer nur Spaghetti mit Tomaten und Ei machen mich langsam wahnsinnig. Und schlapp.

[Während ich das hier schreibe, auf meiner Terrasse, kommt ein Flycatcher, setzt sich auf meinen Laptop-Lautsprecher keine 40cm von mir entfernt – und guckt mir einfach zu. Ich liebe diese Inseln!]

Zwangswahl: Eine neue Verfassung muss her!

Heute wird in Ecuador über eine neue Verfassung abgestimmt. Anfangs hat mich diese Sache ziemlich beschäftigt – mal eben ne komplett neue Verfassung, die in nur 6 Monaten erarbeitet werden musste, vorher wurde der gesamte Kongress entlassen und noch andere Dinge unternommen, die sehr viel Macht allein auf den jetzigen Präsidenten konzentrieren sollten. Außerdem besteht Wahlpflicht und gleichzeitig weiß die Bevölkerung kaum, was da im Detail auf sie zukommen soll – kaum einer versteht die Artikel und kaum einer hat überhaupt die Muße oder Gelegenheit, sich genauer damit zu beschäftigen. Wenn man dann noch hört, dass der Präsident den armen Bevölkerungsschichten (die nun mal die Mehrheit stellen, aber am wenigsten politisch gebildet sind) viele Versprechen und Geschenke macht um sich die neue Verfassung zu erkaufen, kann man es schon mit der Angst zu tun kriegen.
Mittlerweile habe ich einige Stimmen und Meinungen eingeholt, und die meisten (auch die politisch gebildeten) sind doch sehr zuversichtlich. Sie sagen, dass die vorherigen Präsidenten noch viel mehr bestochen und belogen haben – aber dieser hier tut endlich was, räumt radikal auf und will wirklich die Veränderung. Ob sich mit einer neuen, schnell zusammengebastelten Verfassung aber die dringendsten Probleme in Wirtschaft und Sozialem (Korruption, Durchsetzung von Gesetzen und Regelungen) angehen lassen, stelle ich hier mal in Frage.

Aber als ich dann hörte, dass es in den letzten Jahrzehnten wohl schon so einige neue Verfassungen gegeben hat, hat das der Angelegenheit doch etwas die Schärfe genommen.

Es wird wohl ein „Ja“ geben, und ich bin sehr gespannt, wie es dann hier weitergeht.

Eine Kuriosität am Rande: Auch wenn die meisten Menschen nur zu den Wahllokalen gehen, um sich die Bestätigung abzuholen, dass sie gewählt haben (diese muss man bei allen möglichen offiziellen Vorgängen im Land vorzeigen), wurde doch dieses Wochenende kein Alkohol verkauft und ausgeschenkt (oder eben nur an uns Ausländer), damit alle mit klarem Kopf ihrer heutigen Pflicht nachkommen können.

Nachtrag: Das alles war gestern (ich hab nur nicht immer Zugang zum Internet) - und es gab ein JA. Wie ich erfuhr, ist das alles sogar nachzulesen bei Spiegel online.

Die größte Veränderung:

Das Wetter. Wir sind etwa zur gleichen Zeit hier wie letztes Mal, aber es fühlt sich an, als wenn die warme Jahreszeit, zu der wir die Inseln verlassen hatten, einfach nicht aufgehört hat. Es ist schon fast heiß manchmal, das Wasser hat tropische Temperaturen, die Sonne kommt ab und zu für ein paar Minuten raus und es gibt sogar fast schon richtigen Regen. Ein sehr warmes, nasses Jahr also. Das hat krasse Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt mit sich gebracht: Selbst hier in der Trockenzone ist eigentlich schon alles grün. Es blüht und samt überall, daher gibt’s viele Finken (die auch schon Junge haben) und Massen an Garrapateros (diese großen schwarzen Vögel, die fremde Nester räubern – hab ich die schon vorgestellt? Sonst bald). Und ich habe in 2 Tagen schon ca. 10x so viele Ratten und Mäuse gesehen wie die ganze letzte Saison.
Dafür sieht man kaum Seevögel und Seelöwen – die finden in dem warmen Wasser keine Nahrung mehr. Wir alle hoffen, dass kein El Niño draus wird. Und dass die Woodpecker Finches das Wetter nicht falsch verstehen und auch schon anfangen wollen zu brüten – denn deswegen sind wir ja extra in der Trockenzeit angereist: Um die Vögel rechtzeitig zur Brutsaison wieder freilassen zu können!

Nachtrag: Wir haben gerade erfahren, dass das hier wohl ein normales Jahr ist. Wir und die Meeresbewohner hatten letztes Mal einfach Glück. Wir stellen uns also auf einen sehr heißen Sommer ein...

Donnerstag, 25. September 2008

Feldsaison 2008

Irgendwas stimmt hier nicht. Die Arbeit läuft von Anfang an so unglaublich gut! Nicht nur, dass wir all unsere wertvollen Geräte in sperrigen Gepäckstücken ohne Probleme ans Ziel gebracht und den ganzen Papierkram in Quito in 2 Tagen erledigt hatten... wir haben auch noch quasi aus Versehen den ersten Spechtfinken aus der Trockenzone gefangen (Siehe Bild! Das sind die Viecher, für die wir letzte Saison Monate gebraucht haben!) – gestern gleich noch mal 2 und heute sogar schon den letzten. Wir können das kaum glauben.


Die neuen Vögel haben fast sofort angefangen zu fressen und sind in bester Verfassung, die Ausbesserungsarbeiten an den Volieren gehen total schnell voran, und wir haben ne ganze Mannschaft, die uns hilft. Wir haben 6 Leute (also mit uns 8!), die sich um das Wohlergehen der Vögel kümmern und die Volieren sauber halten, was eine unglaubliche Erleichterung ist. Und überhaupt kann man sehr viele Aufgaben an die Feldassistenten deligieren und sich um das Wichtige kümmern – kein Vergleich zum letzten Mal, wo all der Kleinkram an mir hängen blieb.

Und den Kopf frei fürs Wesentliche.

Aussenseiter

Wir haben ein eigenes Haus! Diesmal wohnen wir nicht in der Station (viel zu teuer), sondern in der Stadt. Da kann man zwar nicht mit Wellenrauschen einschlafen und mit Sonne im Gesicht und Vogelgesang aufwachen, außerdem erfordert es gute Organisation, weil man eben nicht mal schnell zwischendurch nach Hause kann um Dinge zu erledigen oder fehlende Sachen zu holen – aber dafür hat jeder sein eigenes Schlafzimmer (wir sind momentan zu dritt: Irm, eine neue Feldassistentin und ich), wir haben ein richtiges Bad und sogar eine Waschmaschine, moskitodichte Fenster und Türen, nur leicht angesalzenes Wasser aus dem Hahn. Der pure Luxus. Und endlich wieder eine WG ;)



Im Vordergrund seht ihr blau-weißen Luxus: Endlich habe ich ein Fahrrad! Das schenkt mir jeden Tag 1,5 Stunden Freizeit, die ich sonst mit den Fußmärschen zur Station verbringen musste.


Nachtrag: Ich vermisse mittlerweile das Leben in der Station seeehr!

Neuerungen

Erstaunlich viel hat sich geändert in den letzten 6 Monaten. Büros und Häuser und Mitarbeiter wurden wild hin und her getauscht, die Volontarios sind alle weg (wobei 3 als Festangestellte zurückgekommen sind), Station und Nationalpark haben neue Direktoren und es gibt jetzt sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen für Feldexkursionen (mit gutem Grund). Manche Hotels haben geschlossen, Restaurants neu eröffnet, die Baustellen sind tatsächlich gewandert. Der Comedor (= Kantine) hat geschlossen und wir wohnen nicht mehr in der Station, sondern im Ort – daher ist der Weg von zu Hause zur Arbeit und von der Arbeit zum Essen sehr weit. Aber manche Dinge ändern sich nie, daher ist es sehr vorteilhaft, die Menschen und Vorgänge hier schon sehr gut zu kennen. Wenn man weiß, wen man wann und wo um etwas bitten kann und wo man lebens- und arbeitswichtige Dinge herbekommt, läuft alles so viel einfacher und stressfreier!

Und einige unserer Spechtfinken aus der letzten Saison sind auch noch da:


Second Life


Da bin ich wieder, auf Santa Cruz. Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt - ich führe quasi nahtlos mein zweites Leben weiter und es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen von hier. Obwohl sich vieles verändert hat und obwohl es einige Aufregung gab, als unsere Ankunft von fast allen uns vom letzten Mal bekannten Menschen zur fast gleichen Zeit festgestellt wurde. Aber diese Aufregung hat sich schnell gelegt – wir sind halt wieder da, schön, aber das war ja zu erwarten. Innerhalb der ersten 24 Stunden hier ist wirklich schon alles Wichtige passiert, was letztes Mal mindestens eine Woche gedauert hat – neues Quartier bezogen, Lebensmittel eingekauft, neues Büro bezogen, Computer eingerichtet, unsere neuen Mitarbeiter kennengelernt, Masterplan mit allen entworfen, alle nötigen Schlüssel kopiert, Wasserversorgungs- und Wäschewaschfragen geklärt, im Pazifik gewesen, bei den Kioskos lecker Fisch gegessen und Batidos getrunken, alle wichtigen Leute zufällig getroffen (einschließlich Taxifahrer, Kioskverkäufer, Imbissbetreiber, Verwaltungsleute, Bibliotheksmädchen, Schildkrötenpfleger, Vogelversorger etc.)...
Ich fühle mich sehr wohl, diesmal ists wirklich von Anfang an einfach nur angenehm. Und so gut, schon viele Leute zu kennen und von der Sprache nicht mehr ermüdet zu werden!